Herzlich Willkommen bei meinem Blog
ueber mein Leben in Thailand.
Thailand
entwickelt sich zu einem Aktionsgebiet islamistischer Terrorgruppen aus der
ganzen Welt. Im Januar dieses Jahres wurde ein mutmaßliches Mitglied der
Hizbollah in Bangkok festgenommen, einen Monat später schlug ein Anschlag fehl,
der vermutlich israelische Einrichtungen treffen sollte. Im Süden Thailands
sterben täglich Menschen durch Anschläge islamistischer Separatisten. Panitan
Wattanayagorn ist Sicherheitsexperte aus Thailand. Er war Regierungssprecher
und Sicherheitsberater verschiedener Regierungen, zuletzt unter Abhisit
Vejjajiva. Zurzeit lehrt er Internationale Beziehungen und Verteidigungspolitik
an der Chulalongkorn-Universität in Bangkok. Mit ihm sprach die Jungle World
über islamistischen Terrorismus in Thailand.
Bangkok ist weit!
Was sind die
Gründe dafür, dass Thailand so interessant für international agierende
islamistische Gruppen geworden ist?
Zunächst einmal
muss man sagen, dass Terrorismus mit islamistischem Hintergrund in Thailand
kein neues Phänomen ist. In den vergangenen 40 Jahren gab es eine ganze
Reihe von terroristischen Aktivitäten, 1972 beispielsweise die Geiselnahme in
der israelischen Botschaft durch ein Kommando des Schwarzen September. Es
folgten weitere große Aktionen und Flugzeugentführungen wie die des »Kommando
Jihad«. 1994 versuchte die Hizbollah, einen Sprengstoffanschlag auf die
israelische Botschaft auszuführen. Dieser scheiterte, weil der mit der fertigen
Bombe geladene LKW in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde. Die drei
iranischen Attentäter konnten gestellt, jedoch nicht verurteilt werden, da
Zeugen ihre Aussagen widerriefen. Die Sicherheitsvorkehrungen für
US-amerikanische und israelische Einrichtungen wurden daraufhin verstärkt.
Autobombe in Bangkok
Warum versucht
die thailändische Regierung, die Gefahr des islamistischen Terrorismus
herunterzuspielen?
30 Prozent
der Wirtschaftsleistung basieren auf Tourismus, Tendenz steigend. Natürlich
wird hier befürchtet, Touristen könnten aus Angst vor Anschlägen wegbleiben.
Dennoch sollte man offener damit umgehen. Kaum ein Land ist heute nicht von
Terrordrohungen betroffen. Die Terroristen organisieren sich
grenzenübergreifend. In Thailand sind ungefähr 20 als terroristisch
einzustufende Gruppen aktiv. Insbesondere islamistische Gruppen wie Jemaah
Islamiyah, al-Qaida und Hizbollah werden aktiver und finden in Thailand einen
sicheren Rückzugsort für Treffen, zur Planung und Organisation. Es werden
Waffen gekauft und komplexere Aktionen für das In- und Ausland geplant. Wenn
die Regierung dagegen vorgeht, tut sie das oft, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
Festnahme in Bangkok
Könnte sich
Thailand zu einem Stellvertreterland für islamistische Aktivitäten entwickeln?
Das beunruhigt
die Regierung sehr. Sie arbeitet aber zu langsam und die Sicherheitsorgane
kooperieren kaum miteinander. Die Regierung muss sich der Gefahr stellen und
wieder Vertrauen schaffen, statt die Sicherheitswarnungen anderer Staaten wegen
eines befürchteten Rückgangs der Touristenzahlen anzuzweifeln. Sonst droht
Thailand nicht nur zu einem Rückzugsraum, sondern auch zu einer weiteren Front
des islamistischen Terrorismus zu werden.
Bomben in Suedthailand
Im Süden
Thailands werden im Durchschnitt täglich zwei Menschen von islamischen
Separatisten getötet. Die Muslime in Thailand gelten aber als moderat, tolerant
und pluralistisch. Wie kam es zu dieser Entwicklung?
Die Muslime im
thailändischen Süden sprechen überwiegend kein Thai, sondern Malay. Sie haben
kaum Möglichkeiten politischer Repräsentation, da die Zentralregierung in
Bangkok entscheidet. Die soziale und ökonomische Entwicklung geht im Süden
schleppend voran. Eigentlich ist der Konflikt in dieser Form schon 100 Jahre
alt. Damals hat das Königreich Siam, also der Vorgänger Thailands, das
umstrittene Gebiet um das Sultanat Pattani annektiert. Heute ist die große
Mehrheit der Bevölkerung dort muslimisch, im Rest des Landes sind
95 Prozent buddhistisch.
Bereits im 16. Jahrhundert ist der Islam in die Region
gekommen und hat sich auf ganz unterschiedliche Weise modifiziert. Animistische
und buddhistische Einflüsse sind keine Seltenheit. Der Alltag war lange Zeit
kaum religiös bestimmt. Auch wahhabitische Schulen haben hier wesentlich
geringeren Einfluss als in den arabischen Ländern. Dennoch ist diese
importierte Ideologie stärker zu spüren und mitverantwortlich für die
Radikalisierung. Es hat sich eine neue Generation militanter Muslime
herausgebildet.
Autobombe in Suedthailand
Die Gewalttaten
haben in diesem Jahr deutlich zugenommen.
Das ist
richtig. Militante Gruppen wie die Pattani United Liberation Organization haben
Anfang des Jahres verkündet, dass sie ihre Aktivitäten verstärken werden, um
die Regierung unter Druck zu setzen. Die Ressourcen der Gruppen haben sich
nicht sehr verändert, aber die Möglichkeit, mehrere Bomben koordiniert
detonieren zu lassen, ist etwas Neues. Trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen
und Checkpoints in den Provinzen konnten bedeutende Ziele wie das kommerzielle
Zentrum der Provinzhauptstadt Yala getroffen werden. Die Anschläge werden
zerstörerischer und präziser, da immer modernere Waffen eingesetzt werden.
Ist dies auf
den Einfluss der besser organisierten jihadistischen Gruppen zurückzuführen?
Sicher haben
sich die Separatisten der Technik und Waffen anderer Islamistengruppen bedient.
Es gibt Kontakte zu al-Qaida, Jemaah Islamiyah, Hamas und Hizbollah. Jedoch ist
bislang nicht ersichtlich, dass dieser Kontakt über organisatorische Fragen
hinausgeht. Der ideologische Einfluss ist beschränkt, da man sich ungern die
politischen Ziele bestimmen lässt. Geplant und gekämpft wird eigenständig. Außerdem
gibt es zehn separate Gruppen, die zwar kooperieren, aber eine unterschiedliche
Ausrichtung haben. In fast jedem Dorf gibt es Sympathisanten und Unterstützer
der Zellen. Die meisten Bewohner wollen zwar mit der Vorstellung eines
islamischen Kalifats oder der Angliederung an Malaysia nichts zu tun haben,
fordern aber mehr politischen Einfluss und wirtschaftliche Entwicklung.
Thailands Regierung
In all den
Jahren hat es keine Regierung geschafft, die Lage in den Griff zu bekommen.
Der Süden ist
weit weg von Bangkok. Solange es dort ruhig bleibt, besteht für viele Politiker
keine Dringlichkeit, das Problem anzugehen. Aber natürlich gibt es immer wieder
Versuche, die Situation zu verbessern. Eine direkte Aufnahme von Gesprächen mit
den Gruppen, die gegen die thailändische Regierung kämpfen, wäre allerdings
verfassungswidrig, und so bleiben nur indirekte und weniger offizielle Kanäle.
Die Armee kann
das Problem nicht alleine lösen. Die Politik ist gefragt, ebenso wie die
Bürger, die in vielen Provinzen bereits aktiv sind und einfache
Sicherheitsaufgaben übernehmen. Dies verläuft nicht immer problemlos. Zum einen
fehlt ihnen die professionelle Ausbildung, zum anderen werden diese
Bürgerpatrouillen nun vermehrt Ziel von separatistischen Erschießungskommandos
und Bombenanschlägen. Die Lage ist ziemlich festgefahren. Daher verlassen
insbesondere nichtmuslimische Thais den Süden.
Der Armee wird
häufig vorgeworfen, bei ihren Einsätzen äußerst brutal vorzugehen und
politische Gegner einfach verschwinden zu lassen.
Ein repressives
Vorgehen der Sicherheitsorgane wird nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung
der Situation führen. Um Vertrauen bei der Bevölkerung zu erlangen, brauchen
wir lokale Einsatzgruppen, die die Kultur, die Region und die Menschen vor Ort
kennen. Außerdem müssen Vergehen der Armee untersucht und aufgeklärt werden.
Statt die Verantwortlichen zu verurteilen, werden heute lieber hohe
Entschädigungszahlungen geleistet, um sich aus der Affäre zu ziehen.
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