Herzlich Willkommen bei meinem Blog ueber mein Leben in Thailands Nordosten, dem Isaan.
Beim Kosa-Stammtisch in Khon Kaen im Kosa Beer-Garden.
Der Isaan hat eine eigenständige Kultur
und pflegt Sitten und Gebräuche
Kambodscha und
Laos haben in der Vergangenheit über Jahrhunderte die Geschichte des Nordostens
bestimmt. Hier war der Schauplatz der kriegerischen Auseinandersetzungen der
Könige Thailands mit den kambodschanischen und laotischen Herrschern, und das
Gebiet wechselte häufig die Zugehörigkeit zwischen Thailand und den
Nachbarstaaten.
Karte vom Nordosten Thailands, dem Isaan.
Die
Völkerschaften dieser Länder sind noch heute im Isaan ethnisch präsent, sowohl
in den Gesichtszügen der Menschen wie in ihren Sprachen und Gebräuchen. Der
grössere Teil der Bevölkerung besteht ethnisch aus Lao und spricht auch einen
laotischen Dialekt, der viele Gemeinsamkeiten mit der Thai-Sprache hat. Die
Menschen haben einen zierlichen Körperbau und Stupsnasen, die vor allem den
jungen Mädchen gut zu Gesicht stehen.
Im östlichen Teil des Landes hingegen, in der Gegend um Buri Ram und Surin, in ehemals zu Kambodscha gehörenden Gebieten, die von den Siamesen während ihrer Eroberungszüge besetzt wurden, sind die Bewohner ethnisch Khmer. Sie haben einen stabileren Körperbau, gerade Nasen und allgemein eine etwas dunklere Hautfarbe als die Lao.
Wenn man eines
der Mädchen fragen würde, was es sich am meisten wünscht, dann würde es sich
sicher eine hellere Hautfarbe wünschen. Anders als bei uns, wo eine gebräunte
Haut als schön gilt, versuchen die Mädchen, die bei der Feldarbeit den ganzen
Tag der sengenden Sonne ausgesetzt sind, sich durch um den Kopf gewickelte
Tücher und Handschuhe vor dem Braunwerden zu schützen.
Die Menschen
hier sprechen einen gutturalen kambodschanischen Dialekt, der sich im
Sprachstamm sowohl von der thailändischen, als auch von der laotischen Sprache
völlig unterscheidet.
Ein Synonym für Dürre und Armut
Die
Zentralregierung mag es allerdings nicht, wenn die Bewohner des Isaan als
Thai-Laoten bezeichnet werden, und im übrigen Thailand hat das Wort „Lao“ einen
minderwertigen Unterton. Es ist ein Synonym für Dürre, Armut und Landflucht.
Wenn wir mal in
die Stadt fahren müssen, und ich bin nach Meinung meiner Frau nicht ordentlich
genug gekleidet, dann sagt sie: „Du siehst aus wie ein Lao“.
Wenn man ein
paar typische Beispiele für die Werteordnung der Menschen im Isaan anführen
sollte, dann wären es etwa die folgenden:
• Leben in
Gemeinschaft geht über Privatatmosphäre
• Geld machen
geht über ethische Regeln
• Schnell und
einfach geht über korrekt und mühselig
• Freundliche
Unterhaltung ist besser als theoretische Diskussion
•
Äusserlichkeiten gehen über innere Werte
• Das Jetzt ist
wichtiger als Zukunftsplanung
Die
Zentralregierung ist bemüht, auch den Isaan in den thailändischen Kulturkreis
zu integrieren. Die Menschen im Isaan setzen dem aber passiven Widerstand
entgegen und versuchen, ihre heimische Kultur und Sprache zu erhalten. Sie
bilden auch heute immer noch eine von den Menschen Kernthailands sehr
verschiedene Kulturgruppe, mit eigener Sprache, eigenen Sitten und Gebräuchen
sowie eigener gesellschaftlicher Gliederung. Die Kinder werden in den Schulen
zwar nur in der Thai-Sprache unterrichtet, aber viele fangen erst dann richtig
an, diese Sprache zu erlernen, wenn sie eingeschult werden.
Organisationen
und Vereine zur Pflege der heimischen Kultur werden von der Zentralregierung in
Bangkok in keiner Weise unterstützt, sondern im Gegenteil in ihrer Arbeit
behindert, weil man separatistische Aktivitäten befürchtet. Diese Furcht ist im
nicht ganz unbegründet, denn in den 50er und 60er Jahren gab es im Isaan starke
separatistische Bestrebungen und sogar Partisanentätigkeit, die von der Armee
blutig niedergeschlagen werden musste.
Die
jahrhundertelange Abschliessung vom übrigen Thailand hat im Isaan nicht nur zu
unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Entwicklungen geführt, sondern
auch zu einem gewissen Misstrauen und Widerstand gegen alles, was aus Bangkok
kommt.
Starke Bindung an das Königshaus
Eine Ausnahme macht die Verehrung des Königs. Sie ist im Isaan mindestens genau so ausgeprägt wie im übrigen Thailand. Das Bild des Königs und der Königin hängt fast in jedem Wohnraum, jeder Gaststätte und jedem Hotel. Niemand im Isaan würde daran denken, einer Kino-Vorführung beizuwohnen, bevor er nicht am Anfang des Films beim Abspielen der Königshymne dem König stehend seine Referenz erwiesen hat. Wie stark die Bindung der Menschen an das Königshaus ist, zeigt unter anderem auch die Tatsache, dass Muttertag in Thailand jedes Jahr am 12. August, dem Geburtstag der Königin, gefeiert wird.
Der Isaan hat
eine lange Geschichte und daraus resultierende Traditionen, die von Generation
zu Generation weiterge- geben wurden. Das sind neben vielen sich von
Zentralthailand stark unterscheidenden Sitten und Gebräuchen vor allem Speisen,
Lieder, traditionelle Kleidung, Weberei usw. Im Osten des Isaan ist der
Einfluss des nahen Kambodschas zum Beispiel an der Männerkleidung sichtbar. Die
Männer in den Dörfern des Grenzgebietes tragen die typische Kleidung der Khmer,
bei nacktem Oberkörper einen Männersarong und ein wie ein Turban um den Kopf
geschlungenes Tuch.
Dieses Tuch
dient verschiedenen Zwecken. Es kann als Gürtel, als Kopftuch oder aber auch
als Tragetasche dienen. Bei Bedarf kann das Ende des Pakama genannten Sarongs
von hinten zwischen den Beinen durchgezogen und vorne in das um den Bauch
geschlungene Tuch gesteckt werden. Das ergibt dann eine Art Hose.
Farmer mit seiner Frau auf dem Reisfeld.
Bei der Arbeit
auf den Feldern ist es kaum möglich, Männer und Frauen zu unterscheiden. Alle
sind vom Scheitel bis zu den Füssen eingepackt, um die brennenden
Sonnenstrahlen abzuhalten, und die Mädchen wollen natürlich nicht zu „schwarz”
werden.
Junge Mädchen
tragen heute gerne westliche Kleidung, also Jeans und T-Shirts. Sobald sich ein
bisschen Busen ausbildet, ist ein Büstenhalter obligatorisch, selbst wenn es
noch nicht viel zu halten gibt. Es gilt als äusserst unschicklich, wenn sich
unter der Bluse oder dem Pulli Brustwarzen abzeichnen. Verheiratete Frauen tragen
fast alle Sarongs, von denen sie mehrere Exemplare für den täglichen Gebrauch,
aber auch einige, oft selbstgewebte wundervolle Stücke besitzen, die zu
festlichen Anlässen angelegt werden. Dabei läuft man entweder barfuss oder in
einfachen Plastiklatschen.
Unsere liebreizende Tochter in Schuluniform am Tag des Lehrers.
Die Schulkinder
tragen alle Schuluniformen, die Jungen eine kurze khakifarbene Hose und ein
weisses Hemd, die Mädchen einen schwarzen Rock und eine weisse Bluse. Der Kauf
der obligatorischen Schulkleidung – es müssen ja mindestens zwei komplette
Exemplare sein, da eines jeden Tag gewaschen werden muss - kann für arme Eltern
eine erhebliche Belastung sein.
Ganz im
Gegensatz zu dem, was mancher Farang, der den Betrieb in den Touristenorten
sieht, annehmen wird, ist die Sexualmoral auf dem Land viel strenger als zum
Beispiel bei uns. Körperkontakte zwischen Männern und Frauen sind in der
Öffentlichkeit tabu. Strenge Verhaltensmuster regeln das Verhältnis der
Geschlechter untereinander, und es gilt als äusserst unschicklich, Gefühle
zwischen Mann und Frau in der Öffentlichkeit zu zeigen.
Wenn die
Bezeichnung Thailands als das Land des Lächelns wahr ist, dann sicher im Isaan.
Wer das wirkliche Thailand sucht, der wird es hier, weit ab von den grossen
Städten, bei den zwar armen, aber dem Besucher aus dem fernen Europa
gastfreundlich entgegenkommenden Menschen finden. Obwohl natürlich auch hier
durch das Fernsehen, das Schulsystem und die Töchter des Landes, die in den
Touristenhochburgen tätig sind, sich einige westliche Wertvorstellungen und
Sitten - und nicht immer die besten - eingeschlichen haben, haben die Menschen,
vor allem in den kleinen Dörfern, kaum etwas von ihrem traditionellen
Lebensrhythmus und ihren Gebräuchen aufgegeben.
Das gilt vor
allem für alles, was man in Thailand mit „sanuk“ bezeichnet. Wenn man im
Wörterbuch nachschlägt, dann wird „sanuk“ mit Spass, Vergnügen übersetzt. Für
die Menschen im Isaan ist „sanuk“ aber mehr als nur Spass, sondern es drückt
vielmehr ihre Lebensphilosophie aus. Das heisst nicht etwa, dass sie nur
oberflächlich dahinleben und die Realitäten des Lebens nicht sehen wollen.
Sanuk ist vielmehr ein Ausdruck für ihre angeborene Lebensfreude, ohne die das
Leben eine eintönige und trostlose Sache wäre. Alle Erfahrungen werden in
„sanuk“ und „mai sanuk“ eingeteilt.
Meine liebe Frau (rechts) im Kreise ihrer Familie.
Gut essen, mit
Freunden zusammensitzen, einen Film sehen und natürlich feiern, das ist
„sanuk“. Arbeit dagegen ist „mai sanuk“, vor allem wenn sie eintönig ist und
nicht mit Freunden zusammen durchgeführt wird, so dass es keine Gelegenheit zu
einem Schwätzchen oder Spässchen gibt.
Lotterie-Losverkaeufer warten auf Kundschaft.
Charakteristisch
für die Menschen im Isaan ist auch deren Leidenschaft für Glücksspiele. An den
Strassen in den Städten sitzen überall ambulante Lotterieverkäufer - häufig
Blinde - und bieten Lose der Staatlichen Lotterie an. Wer nur irgendwie ein
paar Baht in die Finger kriegt, kauft sich alle zwei Wochen möglichst mehrere
Lotterielose. Gekauft wird aber nicht irgendein Los, sondern Lose mit
bestimmten Endnummern. Die Glücksnummern hat man entweder geträumt oder - noch
häufiger - beim Tempelbesuch aus einer mit numerierten Stäbchen gefüllten
Trommel geschüttelt.
Und da das noch
nicht reicht, gibt es überall in der Nachbarschaft, meist im kleinen Laden an
der Ecke, schwarze Lotterien, wo man Wetten auf die letzten Zahlen abschliessen
kann, mit der das grosse Los bei der nächsten Ziehung der Staatlichen Lotterie
herauskommt.
Solch illegale
schwarze Lotterien, deren Gewinnzahlen mit den Nummern der staatlichen Lotterie
identisch sind, gibt es in jedem Dorf. Wenn man auch ganz selten dabei von der
Polizei erwischt wird, so noch viel seltener von einem Lotteriegewinn.
Wegen der
Leidenschaft der Thais für Glücksspiele sind diese gesetzlich verboten. Das
Gesetz wird aber sinnigerweise bei Todesfällen ausser Kraft gesetzt. Ist jemand
im Dorf gestorben, so wird die Gelegenheit genutzt, ungestraft ein Spielchen
machen zu können. Wenn man dann abends zum Trauerhaus kommt, sitzen sowohl um
den Sarg herum, als auch vor dem Haus, Spielerrunden und zocken, was das Zeug
hält. Falls jemand aus einer wohlhabenden Familie gestorben ist, also auch
betuchte Trauergäste zu erwarten sind, reisen die Berufszocker aus der ganzen
Gegend an, um die Trauergäste auszunehmen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen