Im Südwesten der Metropole Bangkok locken „schwimmende
Weingärten“.
Wein aus Thailand? Gibt es das?
Hoch zu Elefant durchs Rebland?
Nein – das sind keine Promille-beflügelten Fantasien.
Nicht weit von der Hauptstadt Bangkok locken Weintouren der besonderen Art. Der Weg führt zunächst durchs schier endlose Häusermeer der Metropole nach Südwesten. Die angekündigte Stunde Fahrzeit ist fast vorbei und von den „schwimmenden Weingärten“ im Delta des Flusses Chao Phraya ist noch keine Spur.
Hier soll es Rebenland geben?
Süße
Trauben, Mangos und Drachenfruechte
Dann biegt der Chauffeur vom Rama II Highway bei Samut Sakorn in eine
Seitenstraße und die Szenerie ändert sich rapide. Hier wächst alles, was auf
Thailands üppig-bunten Märkten angeboten wird: Drachenfrüchte, Mangos, Orangen,
Bananen, Kokosnüsse – und Wein.Das moderne Gebäude des Weinguts könnte auch in Europa stehen, wären da nicht das stilisierte Pagodendach über dem Eingang und die exotische Vegetation rund ums Haus.
Näher am Äquator als jeder andere
Weinberg
Um ein zehnminütiges Video über Siam Winery kommt kein Besucher herum. Es
erklärt die Entstehung des fernöstlichen Weinreichs und bringt die diversen
Weingärten des größten Weinguts Thailands näher. „New Latitude Wines“ – Weine
aus neuen Breitegraden, nennen sie sich stolz auf dem Etikett ihrer Marke
„Monsoon Valley“.Die klassischen Rebenlande befinden sich zwischen dem 30. und 50. Breitengrad nördlich und südlich des Äquators. Die Siam Winery liegt ungefähr auf dem 13. Breitengrad, näher am Äquator als jeder andere Weinberg rund um den Globus.
Mit großem Selbstbewusstsein bieten die thailändischen Gastgeber ihre Tropfen an. Probieren aktueller Jahrgänge direkt vom Fass im angenehm kühlen Keller gehört zum Programm. Dann geht es endlich zu den 20 Minuten entfernten „schwimmenden Weingärten“ – die natürlich nicht wirklich schwimmen.
Wasserkanäle trennen die Rebenreihen, auf denen flache Boote den bei uns üblichen Traktor als Transportmittel ersetzen. Elegant balancieren die thailändischen Weinbäuerinnen über schmale Bambusstege, die als provisorische Brücken dienen. Sie prüfen die unter dem grünen Dach einer Pergola reifenden Beeren. Jede einzeln, denn an einer Rebe können sich durchaus Trauben unterschiedlichen Reifegrads befinden.
Mit ein wenig Glück ist die verantwortliche Kellermeisterin anwesend und erklärt den Besuchern persönlich (und in Deutsch), wie sie den Reifeprozess überwacht und steuert: Die 33-jährige Krefelderin Kathrin Puff hat im Rheingau Weinbau studiert und weltweit praktische Erfahrung gesammelt, bevor sie die Herausforderung der Tropen annahm.
Hier ist alles anders. Statt der gewohnten vier Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter bestimmt der Monsun den Rhythmus der Reben. Trotz tropischer Temperaturen ist die Lichtintensität wesentlich geringer als in unseren europäischen Breiten. Dazu kommt eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit.
Bis zum Jahr 1999 gab es hier nur Tafeltrauben. Jetzt experimentiert die Önologin mit allen möglichen Rebsorten bis hin zum urdeutschen Dornfelder. Dessen Ernte reift gerade im Holzfass, während der weiße Colombard, eine uralte französische Traubensorte, bei internationalen Vergleichsproben in Amsterdam, London oder Hongkong schon Medaillen eingeheimst hat. Gegründet wurde Siam Winery 1986 vom thailändischen Milliardär Chalerm Yoovidhya, dessen Familie auch Mehrheitseigner des Brausekonzerns Red Bull ist.
Dass die leckeren Tropfen ideal zur exotischen Asiaküche passen, kann jeder Besucher gleich nach der Weingartenbesichtigung beim Lunch feststellen, bei einem Querschnitt typischer Spezialitäten mit Fisch, Garnelen, Ente und Huhn – von höllisch scharf bis süßsauer. Wer Urlaub in Hua Hin rund 200 Kilometer südlich von Bangkok verbringt, hat es nicht weit zu einem ebenfalls von Siam Winery errichteten Weingut. Hier locken Touren auf dem Rücken eines Elefanten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen